Problemzone Parterre: So wohnen Sie auch im Erdgeschoss angenehm

© PublicDomainPictures/pixabay
© PublicDomainPictures/pixabay

Selbst in gefragten Wohngegenden sind leerstehende Erdgeschosswohnungen keine Seltenheit. Nur wenige Menschen können sich mit dem ebenen Wohnen anfreunden: Fußkalt, dunkel und für jeden Passanten einsehbar gilt eine Parterrewohnung nicht als gemütliches Heim. Doch einige Argumente sprechen auch für das Leben auf ebener Erde. Ältere Bewohner ersparen sich mühsames Treppensteigen, Familien mit Kindern haben immer einen Blick auf die spielenden Kleinen im Hinterhof oder sogar im angrenzenden Garten. Und mit etwas Bedacht können Bewohner ein paar der Nachteile der Erdgeschosswohnungen minimieren. Die Nachteile, etwa eines kalten Fußbodens, lassen sich minimieren: Hier hat zunächst einmal der Eigentümer die Chance, mit einer Fußbodenheizung für angenehme Temperaturen zu sorgen. Für diese Heizung spricht auch ihre Effektivität bei niedrigen Betriebstemperaturen. Allerdings eignen sich gängige Fußbodenheizsysteme nicht für die in Berlin sehr verbreiteten Holzdielen. Möglich wäre eine Temperierung zum Beispiel durch Lithothermsteine unter dem Holzboden. Allerdings erspart man sich damit nicht die Raumbeheizung. Für Mieter ist diese bis zu mehreren tausend Euro teure Investition kaum eine Option. Ihnen bleibt lediglich die Möglichkeit, mit dicken Teppichen für ein bisschen Dämmung und Fußwärme zu sorgen.

Geckofolie vor dem Fenster

Weitaus mehr Einfluss können Mieter auf das Problem Lichtmangel nehmen. Verschattet durch die gegenüberliegenden Häuserfronten oder Bäume am Straßenrand, erreicht nur sehr wenig Sonnenlicht die Wohnung. Innenarchitekt Holger Beisitzer empfiehlt deshalb, nur helle Farben bei der Wandgestaltung zu verwenden. „Sie reflektieren das wenige Licht besser und sorgen so für mehr Helligkeit.“ Allerdings rät der Geschäftsführer des Innenarchitekturbüros Raumdeuter von rein weißer Farbe ab: „Polarweiß wirkt kalt und unnatürlich.“ Angenehmer wird der Innenraum, wenn die blaustichige Farbe mit Braun, Rot oder Gelb abgetönt wird. Um keine farbige Wand zu erhalten, sollte ein 5-LiterEimer Weiß mit etwa 0,2 Liter Farbe gemischt werden. Vorsicht sei mit Rot geboten, sonst erstrahlt die Wand in Rosé. Mit grellen Farben geht man ebenfalls sparsam um, so der Gestaltungsexperte, sie schlucken Licht. Orangene oder gelbe Akzente sorgen für Wohlbefinden. „Manchmal genügt schon ein Korb mit Orangen.“ Tageslicht imitierende Leuchten hält der Innenarchitekt für problematisch. Während das Licht selbst nicht unangenehm erscheint, wirkt eine sichtbare Tageslichtleuchte sehr unnatürlich. Beisitzer empfiehlt deshalb, die Lichtquelle versteckt anzubringen.Verschärft wird das Problem des Sonnenlichtmangels durch den oft ungewollt freien Blick in die Erdgeschosswohnung. Wer sich vor fremden Blicken schützen möchte, lässt auch tagsüber die Jalousien herunter oder verwendet blickdichte Gardinen. Doch verstellt man so nicht nur den Blick von draußen nach drinnen, gleichzeitig reduziert man das Tageslicht und den eigenen freien Blick. Eine Lösung sind halbtransparente Folien, die bis Sichthöhe der Vorbeigehenden in die Fenster geklebt werden. „Einige Produkte sind durch Ausstanzungen lichtdurchlässig und trotzdem blickdicht“, sagt Beisitzer. Und dank einer neuen Technologie muss die beklebte Fensterscheibe auch nicht ständig undurchlässig bleiben. Sogenannte „Geckofolien“ sind leicht aufgebracht und können beinahe beliebig oft entfernt und wiederbenutzt werden. Denn hier hält nicht ein Kleber die Folie auf dem Fenster, sondern eine besondere Oberflächenbeschichtung. Auch die als altmodisch geltenden Halbgardinen verteidigt der Gestalter, es gäbe durchaus modern wirkende Stoffe auf dem Markt. Beisitzer rät zu einer doppelten Vorhanglösung: Tagsüber reicht eine blickdichte Halbgardine, in den Abendstunden blockiert man die Einsicht ins Zimmer mit einem großen Vorhang. Rollos sind eine Alternative für die Nacht und bieten darüber hinaus mehr Sicherheit gegen Einbrüche. Für Neubauten sind sie Pflicht.

Die Wohnung als Bühne

Eine andere Möglichkeit wäre, das Leben auf dem Serviertablett gleich zum Programm zu machen. „Funktionen umdenken“ – so lautet die Devise von Innenarchitekt Beisitzer. Sessel gehören dann ans Fenster. Wie im Café sitzt man dort, beobachtet das Leben draußen auf dem Trottoir und wird dabei selbst gesehen. In diesem Fall empfiehlt Beisitzer, den Raum von außen nach innen zu gestalten. „Mit Licht und Farbe gibt man dem Raum Tiefe.“ Dazu gestaltet man die Wand gegenüber dem Fenster in kräftigen Farben, bringt in Fensternähe Licht an und schafft auch kleine Lichtinseln im hinteren Teil des Zimmers. Regale an den Wänden beleben das Schauspiel ebenso wie reflektierende Spiegel oder offene Türen, die Sichtachsen in die ganze Wohnung freigeben. Verzichten sollte man, so der Fachmann, auf Raumteiler. Große Schränke stehen besser im hinteren Teil des Raumes. „Die Wohnung als Bühne“ – so nennt Innenarchitekt Holger Beisitzer diese durchaus mutige Art des Wohnens.

Wissenswert

Mietpreise

Für Erd­geschosswohnungen setzt der Berliner Miet­spiegel nach Aussagen des Berliner Mietervereins etwa 16 Cent pro Quadrat­meter weniger Miete an als für Wohnungen in den oberen Stockwerken.

Gartennutzung
Gärten gelten in der Regel als nicht mitvermietet. Erd­geschossmieter müssen also bei Bedarf ein allei­niges Nutzungsrecht vereinbaren. Mit der Ver­einbarung entsteht in der Regel auch die Pflicht, den Garten zu pflegen. Mit­vermietete Gärten können nicht separat gekündigt werden. Sie sind aber auch nicht Bestandteil der Wohnflächenberechnung. Anders als Terrassen, die zu einem Viertel als Wohn­raum zählen.